In allen Epochen der Kirchengeschichte waren der christliche Glaube und seine religiösen Praktiken materiell gebunden: Kirchenräume, Bilder, Gegenstände, Praktiken und Rituale sind interessante Zeugnisse der jeweiligen Zeit und des jeweiligen Raumes. Sie sind Quellen kirchenhistorischen Arbeitens und werfen zahlreiche Fragen auf: Wofür braucht es materielle Formen von Frömmigkeit? Was können wir heute von diesen Quellen über den Glauben, das Denken und das Handeln längst verstorbener Menschen, aber auch über deren existenzielle Ängste sowie deren Hoffnungen erfahren? Wie verhalten sich Frömmigkeitsformen und Entwicklungen in Gesellschaft und Kirche zueinander? Welchen Einfluss haben die Frömmigkeit und der Glaube auf die Kunst? Welche Symbolik verbirgt sich hinter religiösen Objekten? Welche Konflikte und Spannungen resultierten im Laufe der Geschichte aus diesen religiösen Praktiken?
Im Proseminar wird in einem ersten Teil eine Einführung in die spezifischen Formen des kirchenhistorischen Arbeitens gegeben. Der kritische Umgang mit den verschiedenen Quellen wird nach dem Seminar eine Selbstverständlichkeit sein. Zudem werden grundlegendes Wissen über die Organisation, Konzeption und die Durchführung eines Referates sowie über die Ausarbeitung einer schriftlichen Hausarbeit im Fach Kirchengeschichte vermittelt und gemeinsam erarbeitet.
In einem zweiten Teil werden die oben gestellten Fragen konkretisiert, indem religiöses Wissen und religiöse Praktiken in die spezifischen gesellschaftlichen und sozialen Gegebenheiten vergangener Epochen eingeordnet werden. Glaubensvorstellungen und -praktiken, die für uns heute befremdlich sind, sollen auf diese Weise zugänglich gemacht werden. In zwei Seminarsitzungen werden Exkursionen innerhalb Frankfurts unternommen, um so dem religiösen Leben im mittelalterlichen Frankfurt und der Relevanz von Materialität im Christentum des 21. Jahrhunderts auf den Geschmack zu kommen.